Ich habe indischen Boden betreten!!
Hinter mir liegt eine lange, anstrengende
aber auch unglaublich spannende Anreise. In Düsseldorf hat mein Abenteuer
begonnen und mein Zwischenstopp hieß Dubai. Eine Sache steht fest...wenn ich
irgendwann mal Stewardess werde, dann bei Emirates. Habe mich sofort in das
wunderschöne Kostüm der Flugbegleiterinnen, mit der unglaublich schönen
Kopfbedeckung, samt zartem Schleier verliebt! So verlief der Flug mit gutem
Essen, guten Filmen und den arabischen Schönheiten an Bord sehr entspannt. Die
Aufregung habe ich in der Luft gelassen.
Der ganze Flughafen von Dubai war gefüllt von Abenteuerluft und ich habe
jeden Atemzug genossen. Flughäfen sind tolle Orte. Umringt von Scheichen, Menschen
aus aller Welt und meiner Abenteuerluft, traf ich die anderen
ICJA-Freiwilligen, die mit mir nach Südindien fliegen sollten. 4 Stunden
Aufenthalt, Müdigkeit kroch langsam in den Körper und langsam holte die
Aufregung mich wieder ein.
Wie wird Indien sein? Wie sieht es aus? Wie riecht Indien? Wie sind die
Menschen? Was werde ich sehen und fühlen wenn ich aus dem Flughafen trete?
Werde ich dort überhaupt gewollt und finde ich meinen Platz für dieses eine Jahr?
Meine vielen Fragen füllten das ganze Flugzeug. Wahrscheinlich sah man
mir meine Fragenlast schon beim Einsteigen an, denn mir wurde mein Handgepäck
plötzlich ,von einem jungen uniformierten Mann, der mich stark an einen
arabischen Lukas Podolski erinnerte, aus der Hand genommen. Habe kein Wort
verstanden von dem netten Herrn, aber ich war so müde, dass ich nur nickte und
einstieg .Ich vergaß sofort mein Handgepäck und suchte zwischen all den Indern
meinen Sitzplatz. Das Flugzeug rollte los und plötzlich dachte ich wieder an mein
Handgepäck und malte mir schon aus, dieses, mit all meinen wichtige Unterlagen
sowie Geldbeutel, Pass und Visum, nie wieder zu sehen. Hätte ich nur mal nachgefragt, warum mir mein Handgepäck weggenommen worden ist. Ein indisches Frühstück um 5
Uhr morgens irgendwo über dem Ozean hat die ganze Sache nicht wirklich besser
gemacht. Was es war, konnte ich nicht erkennen, jedoch war es warm, roch nach
tausend verschiedenen Gewürzen und war unendlich scharf. Ich entschied mich, mir
dies am frühen Morgen nicht an zu tun und fing an jede Minute bis zur Ankunft
zu zählen. Ich brachte mich per Bordradio schon einmal in Bollywoodstimmung, träumte
von einer zufälligen Begegnung mit Shah Rukh Khan und meine Handgepäckfrage war
wieder vergessen.
Nach einer sanften Landung schoss mir nur ein Satz durch den Kopf. ICH
BIN IN INDIEN.
Ein netter
Inder erklärte mir, dass mein Handgepäck für dieses Flugzeug zu groß war und
deswegen bei den Koffern transportiert worden ist. Na Gott sei Dank. Problem
gelöst, schon kam das nächste. Pass-und Visumkontrolle. Lächelnd am Schalter,
auf die Rückgabe von meinem Pass wartend, stand ich da. Ich wurde skeptisch
angeschaut und gefragt was ich denn in Indien machen wolle. Einige Male
versuchte ich ihm meine Arbeitsstelle zu erklären und ich musste mehrmals
versichern, keine christliche Missionarin zu sein. Ich sah mich schon bei der
indischen Polizei unschuldig hocken...
Nach schrecklichen Minuten wurde ich durchgelassen und weiter ging es
zum Gepäck. Schnell hatten wir unser Hab und Gut und schnell fanden wir die
Person, die uns empfing und uns zum Arrival Camp fahren sollte.
Die Wärme flog uns ins Gesicht und alle Wintergefühle waren sofort
weggepustet. Ich war auf indischem Boden! Mit jedem Schritt ließ ich alles auf
mich wirken. Ich war wirklich da...Das Land der Kulturen und Farben...das Land
lag vor mir und ich ganz klein.
Jedem von uns viel nichts Besseres ein, als zu sagen ' Mensch ist das
warm ', denn das Gefühl endlich in Indien zu sei, hatte einem die Stimme
verschlagen. Schweigend liefen wir unserem Mann hinterher, bis wir vor einem
Auto standen. Stille. Keiner sagte was, wir guckten den Inder an und das Auto.
Wir waren 7 Freiwillige und vor uns ein Auto mit 4 freien Plätzen. Unser Inder
guckte uns gemütlich und freundlich an und fragte in aller Ruhe, wie viele wir
überhaupt wären. Das wir alle gar nicht ins Auto passen würden, schien ihn kein
bisschen zu stören. Zum Glück war ein ehemaliger Gastbruder einer Freiwilligen
von uns, der in Bangalore wohnt, auch am Flughafen, sodass wir uns in zwei
Autos aufteilen konnten. Die schlechte Organisierung schien keinen zu interessieren,
frei nach dem Motto ' Dass hätten wir schon irgendwie hinbekommen '. Das Gepäck
wurde mit einer Leichtigkeit auf das kleine Dach gehoben und mit einem dünnen
Seil kurz und ohne groß zu prüfen ob es hält, festgebunden...Optimismus wird
hier wohl sehr groß geschrieben!!
Unser Resort wo unser 7tägiges Arrival Camp ist liegt auch in Bangalore,
so wurde es uns gesagt und ich habe mich gefreut, nicht so lange im heißen Auto
sitzen zu müssen. Das wir allerdings drei Stunden durch Bangalore fahren
mussten, um an unser Ziel zu kommen, hätte ich nicht gedacht. Bangalore ist
tatsächlich leicht groß.
Was für eine Stadt! Meine Augen taten weh vor Sehen Staunen und Verfolgen.
Ich habe mir so Einiges unter Indien vorgestellt und unter der Stadt, in der ich
wohnen werde....jedoch das, was meine Augen gesehen haben, hat einfach alles
übertroffen.
Das wir lebendig angekommen sind wundert mich...auf den Straßen herrscht
ein reines Chaos und Hupkonzert. Jede Hupe klingt anders und sie wird so oft benutzt wie
es nur geht. Vor allem wird hier in Indien gehupt, wenn man überholen
will....doch keiner nimmt Rücksicht auf den Anderen. Hupt jemand, so heißt es übersetzt
' ich komme jetzt, egal ob du mir im Weg stehst oder nicht '! Aus drei vorgegebenen
Fahrstreifen werden neun gemacht, die Farbe Rot an der Ampel kennt man nicht
und man muss jederzeit damit rechnen das Autos stehen bleiben, Menschen
irgendwo aus dem Nichts auftauchen,Autos quer fahren oder Kühe die Straße überqueren. Der Verkehr
hier ist ein Chaos!!! Als Fremder hier zu fahren, ist lebensmüde.
Die Straßen sind voller Menschen ,nicht möglich sie zu zählen. Müll
überall, wohin das Auge reicht. Ein Geruch in der Luft, der beißt. Häuser ,Hütten
in allen Farben und Formen. Tempel, Götterbilder und Statuen. Frauen mit den
schönsten Saris, bunt, gold, silber! Sie sitzen unter Bäumen, stecken
Blumenketten, umringt von Rauch! Generell ist Indien ein Land der Blumen.
Überall wo man hinschaut hängen Blumenketten, sogar an den Bussen. Was für eine
Farbenpracht. Was für ein Treiben. Ich bin mitten in einem Bollywoodfilm, habe
ich mir gedacht.
Meine Augen brannten...so müde war ich und ich wollte so viel sehen und
aufnehmen.
Diese Fahrt, egal wie lang sie gedauert hat ( unser Fahrer meinte, wir
hätten Glück und es ist heute ruhig auf den Straßen ) war das reinste
Bilderbuch. Bilder von denen man nur träumen kann. Diese Bilder gehören zu
Indien, zu meiner Stadt, in der ich leben werde. Ich will mehr sehen und freue
mich bald alles zu erforschen.
Unser Camp ist sehr schön. Etwas außerhalb der Stadtmitte und sehr
ruhig. Unser Ankunftstag war gleichzeitig unser freier Tag. Den brauchten wir
auch, um Alles auf uns wirken zu lassen.
Die Inder sind sehr eigen und anders. Als wir ankamen in dem Hostel,
wurden wir nicht wie gewohnt herzlich begrüßt und keiner sprach wirklich mit
uns. Zum ersten Mal habe ich mich als Fremde gefühlt. Diese Verschlossenheit
ist jedoch nicht negativ, sondern hat etwas sehr ruhiges und entspanntes an
sich. Man muss sich dran gewöhnen. Auch darf man es nicht persönlich nehmen,
wenn man in einem scharfen und direkten Ton angesprochen wird.
Um scharfes Essen kommt man wirklich nicht drum herum. Alles, einfach
alles ist scharf. Habe sogar das Gefühl, dass das Wasser scharf ist. Bin schon
einige Male fast gestorben vor Schärfe….bis die Schärfe und ich Freunde werden,
wird es noch etwas dauern. Das Essen an sich ist jedoch sehr lecker.
Es gibt wichtige Essenregeln, die wir gleich zu Beginn gelernt haben.
Es
wird grundsätzlich mit den Händen gegessen. Es darf nur mit der rechten Hand gegessen,
denn die linke ist die saubere Hand. Man darf anfangen wann man will und den
Tisch verlassen wann man will. Das Erste nach dem Verlassen des Tisches muss das
Händewaschen sein. Der Teller wird aufgegessen. Es gibt kein Nein, denn das
Ablehnen von Essen ist unhöflich. Wird man bedient ist es nicht üblich Danke zu
sagen. Naseputzen ist gar nicht gern gesehen dafür ist das Benutzen von Handys
während des Essen sowie während eines Gespräche vollkommen normal.
Ganz schön viele Dinge an die man denken muss. Mit den Händen zu essen
war anfangs gar nicht so leicht, vor allem wenn man Reis mit Soße isst. Es ist
reine Übungssache und schmeckt irgendwie sogar besser als mit Messer und Gabel.
Generell habe ich meistens keine Ahnung was ich esse. Alles sieht so ähnlich aus
und oft nicht zu identifizieren….vielleicht ist das auch besser so.
Teetime! Ist ganz wichtig hier. Überall gibt es Tee. Ich freue mich jedes
Mal wenn es Tee gibt, denn es gibt nichts Leckereres als einen hausgemachten
Chai-Tee.
Eine weitere große Umgewöhnung ist die Hygiene. Hier in unserem Raum
muss ich jedes Mal aufpassen beim Händewaschen nicht gleich das ganze Waschbecken
abzureißen. Hier in Indien benutz man grundsätzlich kein Toilettenpapier. Neben
der Toilette gibt es einen Wasserschlauch. Für die Menschen hier ist es
hygienischer, Wasser und die Hand ( die Rechte ) zu benutzen. Klingt erst
einmal abstoßend aber anderes Land andere Kultur andere Sitten sag ich dazu nur.
Zum Duschen füllt man einen großen Eimer voller Wasser und mit einem kleinen
Eimer schüttet man sich das Wasser dann über den Körper. Ich muss zugeben dass
diese Art von Duschen mühsam ist und ich habe bestimmt 3 Mal länger als üblich
gebraucht.
Eine weitere Sache, die sehr komisch ist, ist, dass ich das Gefühl habe
viel zu höflich zu sein. Danke sagen ist hier nicht gewöhnlich und ich komme
mir richtig komisch vor wenn ich es sage und keine Reaktion kommt. Wir alle
müssen uns daran erst Mal gewöhnen. Ich hoffe ich verliere mein ganzes gute
Benehmen hier nicht!!!
Unser Programm in dem Arrival Camp ist sehr wichtig und toll. Sheela ist
eine wunderschöne Inderin und ist die Leiterin des Programmes und unsere
Kontaktperson der Organisation hier in Indien. Sie ist kein bisschen
verschlossen, so wie der erste Eindruck der Menschen,auf die wir gestoßen sind, hier war. Sie wohnt hier
in Bangalore und ist eine sehr moderne Inderin.
Eine erfolgreiche Kannadastunde habe ich schon hinter mir und ich kann
alle wichtigen Körperteile schon. Wir werden weiter in der Sprache dieser
Region unterrichtet werden in den kommenden Tagen, denn es wird hier als sehr
wichtig angesehen, dass wir die Sprache lernen. Ich persönlich bin auch sehr
daran interessiert in diesem Jahr so gut es geht Kannada zu lernen.
Wer sich jetzt fragt was das ist?!?!....in Indien werden über 1.500
Sprachen gesprochen und ‚ nur‘ 22 sind anerkannt.
In dieser Region Karnataka wird Kannada gesprochen, die zu den 4 Wichtigsten
gehört. Wir haben auch alle ein schönes kleines Kannadasprachbuch bekommen mit
dem ich fleißg lernen werde.
Wir haben jeden Abend eine indische Tanzstunde. Total mein Ding! Wir
lernen den traditionellen Tanz hier in Karnataka.
Wir werden noch so viel machen in den Tagen hier auf dem Camp. Ich bin
sehr gespannt. Man sieht und lernt so viel, es ist unglaublich….und ich bin
gerade erst angekommen!
Indien ist mir sehr fremd aber zugleich fühle ich mich bereits sehr
wohl.
Am 17.01 geht es für mich in mein Projekt. Ich bin im Stadtzentrum und
werde in einer WG für Freiwillige wohnen. Momentan wohnen dort zwei
Freiwillige, eine Deutsche und eine aus Ecuador. Ich bin wahnsinnig gespannt
und ich bin so gespannt und neugierig, dass ich am liebsten alles sofort erleben
will.
Bis dahin hoffe ich nicht von Mücken komplett überfallen zu werden, denn
ich habe das Gefühl alle kommen zu mir. Sie sind überall, verfolgen mich und
ich sammle schon fleißig Stiche….in jeder Mücke sehe ich ein Malaria - und
Denguefiebermonster. Denguefieber ist leider hier in Bangalore sehr verbreitet.
Mücken, Affen, Hunde…das sind drei Dinge vor denen man sich wirklich in Acht
nehmen muss. Aber ich bin ja erst am Anfang meiner Reise, meines Abenteuers und
meiner Erfahrungen.
Als Resultat meiner ersten Stunden und Erfahrungen kann ich sagen, dass
ich Nichts Besseres in meinem Leben hätte machen können, als mich zu entscheiden,
ein Jahr lang in Indien zu leben. Der erste Schritt ist getan…und viele folgen
noch.
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