Donnerstag, 7. März 2013

Zwischen Palme und Krebs - Mein Paradies


Mitte der Woche, eine dicke Wolkendecke hängt über Bangalore. Die Sonne hat es nicht geschafft, den Boden zu küssen. Der Geruch nach Regen liegt in der Luft und die Wolken warten darauf, endlich platzen zu dürfen. Die Temperaturen sind auf 24 Grad gefallen - ich friere! Habe das Gefühl, der Himmel möchte mich erdrücken, der Wind spielt ein Spielchen mit meinen kurzen Haaren und ärgert mich. Kurz darauf, fällt der Regen wie ein silberner Vorhang herab. Kein Wunder, dass ich mit meinen Gedanken weit weg bin und in den Erinnerungen an das letzte Wochenende schwelge.....


Das letzte Wochenende, nahm mich wieder an die Hand und zog mich nach Kannur. Ein altes Fischerdorf -der Strand rief uns.
Mit großer Freude auf ein entspanntes Wochenende mit Sand unter unseren Füßen und einem guten Buch, stiegen wir in den Nachtbus. Eine schreckliche Fahrt erwartete uns, sechs von zehn Stunden Fahrt hüpfte der Bus von Loch zu Loch und ließ keinen Steinbrocken, auf der schon vollkommen zerstörten Straße, aus. Die Bremse war so laut, dass man diese mit Sicherheit bis nach Deutschland hören konnte und ließ keinen Platz für Schlaf im Bus. Inder scheinen eine Vorlieben für offene Fenster zu haben, egal ob bei Tag oder Nacht.....somit kam ein schreckliches Frieren zu der Schlaflosigkeit hinzu. Während sich tausend Mücken an meinem Blut vergnügten und ich anfing blaue Flecken von der Achterbahnfahrt zu sammeln, war ich angestrengt damit beschäftigt, nicht von meinem Sitz zu fallen.
What to do - würde der Inder jetzt sagen...

Da ich schon längst mein gewohntes Zeitgefühl verloren habe, da Zeit und Pünktlichkeit hier in Indien ein eher schwammiger Begriff ist, ist es eine normale Sache für mich, nicht zu wissen, wann der Bus ankommt....vielleicht hat man auch schon längst seine Haltestelle verpasst? Man weiß es nie. In Indien hat man generell keine Ahnung, aber davon viel.

Wir hatten das Rauschen der Wellen schon deutlich in unseren Ohren und in Gedanken träumten wir vom Paradies....
Das Wort Paradies existierte für mich nur in meinem Kopf. Ein Wort, aufgeschnappt aus Büchern, Filmen und Erzählungen und ohne wirkliche Bedeutung und Bezug. Ein Wort für etwas Unreales...irgendwo...nicht in meinem Leben.
 Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass dieses Wort jemals so einen großen Inhalt haben könnte. Nie hätte ich gedacht, dass dieses Wort ein Teil meiner Erfahrungen werden würde. Nie hätte ich gedacht, dass das Paradies nicht nur ein Wort ist, sondern ein Ort, fern von allen fiktiven Geschichten.

Kannur ist ein schöner Ort und in einer gewissen Art ruhig und verschlafen. Durch den Morgendunst, erkannte ich nur schwer die Umrisse der Stadt, jedoch als sich der Nebel in einer leichten Brise verschob, entblößte sich das Stadtgeschehen. Nach zwei Monaten, bin ich es gewohnt von allen Seiten angestarrt zu werden, jedoch Kannur gab uns wirklich das Gefühl, die ersten weißen Menschen zu sein, die diese Stadt besuchten. Ein Gefühl von Unwirklichkeit stand zwischen uns und der Stadt.

Nach gewohnten vielen verschiedenen Wegbeschreibungen, gefolgt von morgendlichen Laufübungen, durch die uns unbekannte Stadt, fanden wir endlich einen Rikschafahrer, der den Weg zu unserem Strand wusste. Natürlich ein Rikschafahrer, der versuchte, uns um den dreifachen Fahrpreis zu veräppeln...aber nicht mit uns. Ohne Handeln und genügend Selbstbewusstsein kommt man nicht weit in Indien, das wurde mir schon sehr früh klar. Natürlich bin ich schon oft drauf reingefallen und habe am Anfang mehr als oft viel zu viel bezahlt - mich verhalten wie eine gutgläubige Touristin. Man lernt jedoch schnell, wie man sich zu verhalten hat und wie die normalen Preise sind, sodass man genau weiß, wann ein Rikschafahrer versucht seine Spielchen zu treiben.
Den Rikschafahrer klein bekommen, einen angemessenen Preis, das Gepäck verstaut und die frische Morgenluft auf unseren Schultern, fuhren wir bei Sonnenaufgang, der den Himmel in eine Melodie aus Rostbraun und Rot tauchte, Richtung Ezahra Beach, der Ort, an dem das Paradies für mich zur Wirklichkeit wurde.

Das Paradies zu beschreiben ist kaum möglich. Es gibt keine richtigen Worte. Keine Worte, mit der Fähigkeit das Paradies zu beschreiben. Ist aus diesem Grund dieses Wort so unwirklich??

Meine Spucke wurde trocken und meine Stimme verschwand sofort als wir ankamen. Ein Ort, fern von einfach Allem. Vereinzelnd standen Häuser entlang des kleinen Strandes, Ruhe, das Meer sang sein Wellenlied, Salzluft, einsame Boote, Palmen überall. Wie kann ein Mensch hier unglücklich sein?
Ich musste mich in den Arm kneifen, um zu realisieren, dass ich in keinem Traum gelandet war. So sieht es also aus, wenn man seine Träume atmen, leben lässt....

Unser Beachhouse befand sich direkt am Strand, von unserer Esshütte konnten wir friedlich das Meer beobachten. In den Hängematten träumten wir und ließen unsere Beine und Seele baumeln. Der Sand kitzelte unsere Füße und tagsüber tauchten wir in die Wellen und in unsere Bücher. Nichts tun kann unglaublich toll sein.
 Überall rannten Krebse über den Sand, man musste aufpassen, sie nicht zu treten, wir beobachteten tolle Vögel und fleißige Fischer. Das arabische Meer ist unvorstellbar warm. Ich konnte es nicht glauben, dass ein Meer so warm sein kann und das schon in der Früh.
Abgesehen davon, dass wir irgendwann umringt von indischen Jungs  waren, die sich ohne Scham um uns herum gesetzt haben, uns angeglotzt haben, ihre Freunde angerufen haben und versuchten Fotos von uns im Bikini zu machen, war das Wochenende frei von Stress, Ärger und so manch indischen Schwierigkeiten, die an jeder Ecke warten können.

Meine Worte reichen kaum aus, alleine das Wort Paradies zu beschreiben. Ich glaube jeder Mensch muss sein eigenes Paradies finden....die Unwirklichkeit zur Wirklichkeit werden lassen. Ich habe gehofft, diese Erfahrung hier in Indien machen zu dürfen und weiß, dass ich zurückkommen werde.


.....Mitte der Woche, eine dicke Wolkendecke hängt über Bangalore. Die Sonne hat es nicht geschafft, den Boden zu küssen. Der Geruch nach Regen liegt in der Luft und die Wolken warten darauf, endlich platzen zu dürfen. Die Temperaturen sind auf 24 Grad gefallen - ich friere! Habe das Gefühl, der Himmel möchte mich erdrücken, der Wind spielt ein Spielchen mit meinen kurzen Haaren und ärgert mich. Kein Wunder, dass ich mit meinen Gedanken weit weg bin und von meiner nächsten Reise nach Hampi, die morgen startet, träume...

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