Dienstag, 9. April 2013

Hampi - Die Welt der Tempel und Götter


....das Wunderbare an Indien ist? Man weiß nie, was einen erwartet. Man läuft planlos los und findet in dieser farbenfrohen lebendigen Welt immer einen Patz, der einen fasziniert. All die Straßen mit ihren Läden, die indischen Schmuck, Saris, exotische Früchte und Gemüse verkaufen. Es strotzt nur so von kräftigen Gerüchen und bunten Farben. Lautes Treiben überall. Wie kann ich je wieder darauf verzichten?

Überraschungen warten an jeder Ecke und mit jedem Schritt lernt man. Es ist unmöglich seinen Durst nach Wissen und Hunger nach neuen Erfahrungen und Bildern zu stillen. Egal, wohin es mich zieht, jedesmal lerne ich ein anderes Indien kennen. In jedem Teil , in jedem Bundesstaat von Indien gibt es eine komplett andere Kultur, von Musik, Tanz, Essen bis hin zur Kleidung.  Diese Vielfältigkeit fasziniert mich. Ich habe das Gefühl, ich reise innerhalb von Indien von Land zu Land....jedoch bleibt es ein Land. Viele Länder werden zu einem Land. Viele Kulturen werden zu einer Kultur. Das ist Indien.Verrückt aber wunderbar....

HAMPI - einer der wohl ungewöhnlichsten Orte in Indien. Hauptstadt des damaligen Königreichs  Vijayanagar, das sich einst über ganz Südindien bis nach Sri Lanka erstreckte.  Die Geburtsstadt von Hanuman dem Affengott.

Drei Tage lang verbrachte ich in dem heiligen Ort voller Mythen und Magie. Die Aussage ' Hampi ist der schönste Ort in Indien ' hat sich bestätigt....jedenfalls bis jetzt. Hampi ist eine Welt für sich.
Die Spannung und die Erwartung an die Stadt war sehr hoch, denn uns wurde geraten das Abenteuer Hampi nicht lange vor uns her zu schieben, da es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis die Schönheit Hampis vollkommen zerstört wird. Zerschlagene Gebäude, Hostels, Restaurants und Wohnhäuser.
Man kann Zerstörung sehen und riechen....leider eine Zerstörung durch menschlicher Hand. Schuld daran ist die Ernennung zum Weltkulturerbe im Jahr 1986 und somit liegt die Verantwortung für diese Schande in den Händen von UNESCO. Durch diese Ernennung hat Hampi einige Auflagen gewonnen,es dürfen keine Häuser mehr  in der Nähe der Stadt stehen und somit ist die Umsiedlung der Bürger im vollen Gange. Dieses Vorhaben wird mit Gewalt durchgesetzt.Verständlicher Weise stößt dieses Vorhaben der UNESCO auf kein Einverständnis der Bürger. Ein großer Streit entstand und durch den Ärger der Bürger wird die Stadt nun Stück für Stück zerstört....Es ist eine Schande dieses Stückchen Gold der Erde zu zerstören.

Ich nahm eben das Wort Abenteuer in den Mund. Zu Recht. Ich werde diese magischen Tage nie in meinem Leben vergessen. Das Abenteuer fing bereits schon in Bangalore, auf dem Weg nach Hampi an....

Wie so oft hatten Lisa und ich keinen blassen Schimmer, welcher Bus der Richtige war und vor allem von wo dieser Bus starten würde. Wie kann eine Stadt so viele Busse haben? Man mag bei diesem Anblick annehmen, dass alle zehn Millionen Einwohner von Bangalore jeden Tag zur gleichen Zeit einen Bus benutzen müssen.
So hilfreich Inder auch sind, bekommt man, wie ich bereits erzählte, auf eine Frage tausend verschieden Antworten. Wir wurden von einer Seite zur anderen Seite geschickt, jeder den wir fragten sagte uns etwas Anderes. Wir waren wohl an jeder noch so kleinen Ecken des riesigen Busbahnhofs und rannten von Ort zu Ort, wie die Verrückten.  Es dauerte über eine halbe Stunde, bis wir endlich an dem Ort ankamen, wo unser Bus abfahren sollte. Jedoch schien es, als ob jeder Bus nach Hampi fuhr. Ich werde noch verrückt in Indien'....waren meine Gedanken. Da wir noch ein wenig Zeit hatten, machten wir es uns auf dem Boden neben zich auf dem Boden liegenden Indern gemütlich, um unsere Füße auszuruhen.
Nicht lange hat es gedauert und wir waren umzingelt. Zwei zahnlose Frauen mit nacktem Kind an der Hand stellten sich vor uns und taten nichts Anderes, als uns anzustarren. Ein Busfahrer schloss sich den Frauen an und stand in Spuckweite vor uns und hörte nicht auf uns verführerisch anzulächeln. Ein kranker Hund durfte natürlich nicht fehlen und zu guter Letzt schloss ein betrunkener leicht stinkender Inder den Kreis um uns herum und versuchte 10 Minuten lang sich ordentlich neben mich hin zu setzten, um mit uns zu reden, jedoch siegten die Gleichgewichtsstörungen jedesmal. Ich weiß gar nicht wie oft ich in Indien schon von einem Platz vertrieben worden bin. Eine Privatsphäre ist ein Fremdwort und ist fast unmöglich in Indien als 'weiße' Frau...
Vertrieben und gelangweilt  warteten und warteten wir auf unseren Bus und der betrunkene Inder folgte uns egal wohin wir hin gingen.
Vor unserer Nase standen um die 20 Busse, die jedoch eher aussahen, als wären sie auf einem Schrottplatz besser aufgehoben. Ich machte Witze über die Blechbüchsen...' Wie gut es sich doch für meinen Hampibericht machen würde, wenn wir am Ende in so einem Bus landen würden ' .
Ich sollte das nächste Mal  lieber den Mund halten. Fast schon von der Dunkelheit verschlungen kam unser Bus endlich und wir saßen tatsächlich 10 Stunden in einer Blechbüchse,die jede Sekunde zu zerbrechen drohte. Der Bus hatte weder eine Tür noch Fenster. Der Gestank von Urin und Masalagewürz lag in der Luft. Rostige Sitzgelegenheiten, die bei jeder Unebenheit auf der Straßen wackelten....aber immerhin Sitzplatzreservierung !
Ich erlebte die schrecklichste Busfahrt in meinem ganzen Leben. Der junge Inder neben mir, der die ganze Nacht durch, anstrengende Bollywoodmusik mit seinem Handy abspielte, sodass der ganze Bus es hören konnte und ständig versuchte mich anzufassen bis ich ihm eine scheuerte, machte die Fahrt auch nicht angenehmer. Der Bus hielt alle 20 Minuten im Nichts ( jedoch gibt es in diesem Nichts in Indien immer noch ein einsamen hell erleuchteten Stand,an dem man Snacks und vor allem Masala-Chai kaufen kann ) und somit konnte ich an Schlaf auch nicht denken.

What to do. Man ist nur einmal jung und wenn man es von einer anderen Sichtweise betrachtet, macht eine solche Fahrt die Reise doch erst richtig spannend. Mit diesem Gedanken, konnte ich für ein Stündchen doch noch ein wenig Schlaf finden.

Die unendlich große Müdigkeit, die eingefangene Erkältung und die tausend blauen Flecke, lösten sich sofort in Luft auf als wir endlich in Hampi eintrafen. Bei Dunkelheit war die unglaubliche Steinlandschaft erschlagend. Gewaltig!
Sofort tauchte ich in die Welt des alten Königreiches ein und zog meine Bahnen. Ich wollte gar nicht mehr aufhören zu schwimmen, als die Sonne langsam und verschlafen ihr Köpfchen hinter einem massigem Stein hervorstreckte, uns mit ihren heißen Strahlen begrüßte und die Welt, in der ich mich befand, in einen goldigen Ton einfärbte und erleuchten ließ. Wir waren wieder umzingelt, jedoch diesmal von Steinen und Tempel....soweit das Auge reichte.
Ich war komplett sprachlos. Ich hörte die Steine flüstern. Jeder Stein erzählte mir eine eigene Geschichte.
Mit dem Sooter  ( der Scootermann flirtete mit mir dermaßen, dass ich sogar einen Heiratsantrag von ihm bekam ( Der 5. Antrag , seit dem ich in Indien bin ) )  erkundeten wir die Gegend. Wir rasten durch das Grün der Palmen und atmeten die magische Luft ein. Tempel hier, Tempel dort. Wir besuchten die Götter und erforschten die Ruinen des alten Königreichs.
Wenn meine Eltern mich doch gerade erleben könnten, sie würden die Welt nicht mehr verstehen. Ich erinnere mich gut an unsere Familienurlaube. Jedesmal wurden wir Kinder zu irgendwelchen Steinen geschleppt, die angeblich früher etwas ganz Besonderes waren. Laaaaangweilig.....

Hier in Hampi konnte ich  nicht genug bekommen von Steinen. Ich wollte sie erklimmen, wollte sie betasten, wollte auf ihnen mein Tänzchen tanzen. Muss man erst erwachsen werden um Steine schätzen zu können? Ich weiß es nicht.Wie auch immer. Liebe Eltern, endlich habt ihr auch eine Tochter, die Steine liebt!

Nachdem Lisa und ich uns mit einem wunderbaren Frühstück gestärkt hatten ( in Hampi gibt es das beste Essen ! ) zeigte uns Krishna, ein junger hübscher Rikschafahrer all die Tempel und verzauberte uns mit seinen Geschichten. Unzählige Götter besuchten wir in ihrenTempel und jedesmal riss uns der Anblick immer weiter und tiefer in die Welt von Hampi. Um uns auszuruhen, machten wir Rast hoch oben in der Steinlandschaft, mit Blick auf Hampi. Die Hitze stieg uns zu Kopf und sie brannte gnadenlos Alles nieder, was nur ansatzweise grün aussah.
Wir wollten einfach nur die Ruhe genießen, versuchen uns nicht zu bewegen, da die Knochen vor Hitze wie gelähmt waren und ein Buch lesen. Das unser Plan in Indien kaum möglich ist, hätte uns von vornherein bewusst sein müssen.

Es dauerte nicht lang und der erste Inder kam. Das weit und breit kein anderer Mensch war und er sich ohne Probleme woanders hinsetzten konnte, schien ihm egal zu sein. Mit Handy in der Hand und lauter indischer Musik setzter er sich in Riechweite neben uns

.... ' What is your Name? ' ....' What is your native Place ? ' ...' Can I have a photo of you ?'

Wie so oft mussten wir uns einen neuen Platz suchen. Es dauerte nicht lange und eine zehnköpfige indische Familie stand im Kreis um uns herum und starrte uns lächelnd an, als wären wir irgendwelche komischen Wesen aus dem Universum. Die Familie wurde von acht kleinen indischen Jungs abgelöst, die uns am liebsten sofort abknutschen wollten. Unsere Haut wurde angefasst und durchgeknetet....Es ist immer noch erstaunlich, wenn man Menschen trifft, die noch nie einen 'weißen' Menschen gesehen haben.

Nach sieben weiteren indischen Männern, die versuchten Fotos von uns zu machen und  uns mit nervigen Fragen belästigten, einem kranken Hund, dem wir unsere letztes Wasser gegeben haben und einer lauten Familie die mitten in einem Tempel zu Mittag aß und mit ihrere Geräuschkulisse die ganze Welt einnahm, wurden wir insgesamt achtmal von unserem Platz verscheucht.

Keine Ruhe, kein Wasser mehr und Geld hatten wir natürlich auch nicht eingesteckt....wir waren der Hitze machtlos ausgesetzt. Aus diesem Grund, wollten wir  so schnell wie möglich mit unserem Scooter weiterdüsen und nach Schatten suchen. Ich hatte oft ein paar Schwierigkeiten, den Roller anspringen zu lassen, da es sich um einen sehr alten Roller handelte. Natürlich war unser Roller von vielen indischen Jugendlichen umzingelt, die nur darauf warteten, dass wir zurück kamen. ' Bitte bitte Sophia, starte den Roller gleich beim ersten Mal und nicht wie sonst beim achten Mal ' flüsterte ich.  Lisa, die hinter mir saß lachte in sich hinein und drückte mir die Daumen und es klappte. Ich war unglaublich froh und die Freude sprengte meine Brust, dass ich mit voller Power losfuhr und das Gleichgewicht  sofort wieder verlor. Der Roller schleuderte, rutschte und wir fielen...ich sah uns schon im Fluss.

Wir konnte uns gerade noch, kurz über dem Boden, halten und sofort prusteten wir los vor Lachen. Jeder schaute uns an, die Inder riefen etwas Unverständliches, jedoch düsten wir so schnell es geht,mit Tränen in der Augen vor Lachen, davon. Als ob wir auf den Verkehr in unserem Zustand achten würden...wie zwei vollkommen besoffene Menschen, halb tot vor Lachen, rasten wir in Schlangenlinien beinahe in einen Bus und überfuhren um ein Haar eine Kuh. Wir rasten in das dichte Palmengestrüpp und landeten auf dem Boden.
 Lange habe ich nicht mehr so gelacht, dass mein Bauch schmerzte. Mein Bauch schmerzte jedoch auch vor Hunger und Durst. Wir brauchten einfach nur einen schattigen Patz...Ganesha, Shiva, Krishna oder irgendein indischer Gott...bitte helft uns! Wir nahmen die erstbesten Steine, jedoch dauerte es erstmal knapp eine Stunde, bis wir hochgeklettert waren. Typisch. Meine Hose riss, ich verlor meinen einen Schuh und wir waren klitschnass vor Schweiß. Oben angekommen fanden wir eine wunderbare perfekte große Steinfläche vor, jedoch kein Schatten. Wir waren zu schlapp um uns zu ärgern. Wir blieben keine 15 Minuten auf dem Berg, da ein fürchterlich und angst einflößendes Tiergeräusch uns zu Tode erschreckte. TIGER.
Wir kletterten wie bescheuerte Affen den Berg wieder runter und nahmen alle Schrammen in Kauf. Was für ein Glück dass wir auf dem Weg nach Hause eine Mango von einem sehr netten Inder geschenkt bekommen haben....was für ein Tag!

Wie kann ein nächster Tag besser anfangen als ein morgendlicher Spaziergang  an den Fluss um Lakshmi, eine Göttin, beim morgendlichem Bad zu besuchen. Der Nebel lag noch in den Straßen und tanzte über dem Fluss, jedoch es herrschte schon ein reges Treiben am Ufer. Waschtag. Unzählige Frauen und Männer, alt und jung, Kinder und Jugendliche nahmen ein Bad im Fluss oder wuschen ihre Wäsche. Ein Bild in meinen Augen, das nur so vor Farbe und Leben platze. Ich konnte meine Augen von diesem morgendlichen Treiben nicht reißen. Es war unglaublich schön und einfach unbeschreiblich als Lakshmi, in Form eines Elefanten, die Treppen hinunter schritt und elegant ins Wasser schreitete. Indien, wie kannst du nur so schön sein....

Nach tausend Stromausfällen, weiteren Tempelbesuchen, dem besten Essen, dem Versuch eine Kuh zu melken, eine sehr interessante Begegnung mit einem Mann aus Sikkim und vielen weiteren Erlebnissen gingen meine Tage in Hampi viel zu schnell, wie Alles in Indien, zu Ende. Mit einem sehr traurigen Augen musste ich mich verabschieden, jedoch mit einem festen Entschluss: Ich komme wieder.

Mit vielen neuen Bildern im Gepäck, ging es wieder nach Hause. Bangalore und meine Kinder in der Schule riefen. Ich freue mich jedesmal riesig wieder zu arbeiten, meine Kinder zu umarmen und mit Ihnen zu spielen. Doch hinter der nächsten Ecke wartet schon meine nächste Reise still und  heimlich auf mich....

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